Gesamte Tourdaten
468 km – ↑ 12.927 hm – ↓ 13.412 hm – 7 Tage
Etappenlänge
56 km – ↑ 1.947 hm – ↓ 1.860 hm – Fahrzeit: 5:02 Std.
Zwischenstationen
- St. Ulrich
- Seiseralm
- Mahlknechtjoch
- Moena
- Passo Lusia
- Paneveggio
- Unterkunft: La Bicocca
Tour Beschreibung
Die späte Nacht begann gestern mit Regen, aber mit viel Hoffnung auf einen dennoch guten Morgen. Gestern auf der Terrasse hatten wir noch einen tollen Blick hinab nach St. Ulrich, heute nur noch Nebel und Regen. Es regnete beim Aufstehen, beim Frühstücken und beim Fortfahren. Aber halt, soweit sind wir ja noch gar nicht. Nach dem Frühstück setzen wir uns zusammen und studieren die Landkarte. Unser Weg führt eigentlich wieder runter nach St. Ulrich und von dort über das Val Saltria bis hinauf nach Saltria und weiter zum Mahlknechtjoch. Wir suchen und finden eine Gelegenheit, die gestern mühsam erkämpften 250 Höhenmeter zum Hotel zu nutzen. Anfangs eine kleine Straße, die in einen schönen Schotterweg wechselt, sollte uns genau nach Saltria führen. Von dort aus können wir wieder auf unserer originalen Route weiter.
Wieder stehen wir bereit zur Abfahrt, dieses Mal aber in kompletter Regenmontur. Zuvor haben wir in der Bike Garage unsere Fahrräder fit gemacht, die Flaschen aufgefüllt und den Rucksack gepackt. Uns begleitet immer wieder ein kleiner Schauer und zwischendurch Dauernieselregen. Auf knapp 4 Kilometer müssen wir mit 11,5% Steigung auf Schotter kämpfen. Das heißt, von innen wurde es auch feucht, aber zum Glück nie kalt, denn unsere Regenklamotten waren echt klasse! Oben in Kompatsch angekommen, dürfen wir einen Teil der erkämpften Höhenmeter wieder bis Saltria vernichten. Schade, wenn das Wetter besser wäre, gibt es hier bestimmt eine tolle Rundumsicht, aber es ist alles in einer feinen Nebelsuppe versteckt.
Auf unserer originalen Route angekommen, geht es jetzt hinauf zur Seiser Alm beim Mahlknechtjoch. 4 Kilometer mit 13% im Schnitt auf gut fahrbarem Schotter rauben dir jedes Frühstückskorn. Um unsere Beine ein wenig zu lockern, haben wir immer wieder ein kleines Stück schieben eingebaut, aber dennoch ist der Weg recht gut, wenn auch anstrengend, zu fahren. Am Hotel Monte Piz verlassen wir das Waldgebiet und die Vegetation wird karger. Nach ein paar Kurven und steilen Abschnitten später erblicken wir die Saiser Alm.
Sie ist die größte Hochalm Europas und liegt in den Südtiroler Dolomiten, circa 40 Straßenkilometer östlich von Bozen und oberhalb der bekannten Tourismus-Orte Seis am Schlern und Kastelruth. Die Besiedlung der Seiser Alm gliedert sich in zwei Ortszonen: Das touristisch stark erschlossene Compatsch auf 1.860 Meter am äußersten Westrand der Hochfläche, sowie Saltria auf 1.680 Meter, welches 5 Kilometer östlich, direkt unterhalb des Plattkofels liegt.
Auf dem Weg versperren uns frei laufende Pferde den Weg. Nur mit Mühe können wir uns durch die Herde bewegen, da unser Schweiß sie regelrecht an uns kleben lässt. Muss das lecker schmecken, probieren wollen wir aber nicht! Schließlich haben wir dies auch geschafft. Das Wetter wird langsam besser, es hat aufgehört zu Regnen, der feuchte Nebel bleibt aber hartnäckig. Die letzten Meter hoch zum Mahlknechtjoch auf 2.169 Meter vergehen wie im Flug. Eine Einkehr auf der Hütte unterhalb des Jochs haben wir uns erspart, denn wir haben heute noch viel vor. Das Wetter wird immer besser, die Sicht etwas klarer. Glücklich und zufrieden erreichen wir den Gipfel und machen erst einmal Pause. Denn das Panorama ist wieder mal erste Sahne und lädt zum Fotografieren und Genießen ein.
Der Langkofel mit seinen 3.181 Metern ist der Hauptgipfel der Langkofelgruppe in den Grödner Dolomiten und ein bekannter Kletterberg. Der Name Langkofel bedeutet übrigens «Langer Stein/Fels». Wir erblickten auch schon den Trail hinunter ins Tal, sieht sehr vielversprechend aus. Auf Bildern kann man leider oft keine Steigung und Gefälle einfangen, trotzdem, es waren teilweise knackige Stücke dabei, begleitet von sehr grobem und losem Schotter. Nur handtuchbreit führt der Weg abschnittsweise über Geröll und dann wieder über erodierte Almböden. Es macht Spaß hier zu fahren. Zwischendurch bleiben wir immer wieder mal stehen für tolle Fotoaufnahmen und fantastische Fernblicke.
Nach der 16 Kilometer langen Abfahrt erreichen wir 650 Höhenmeter tiefer Campitello. Ein kleines, malerisches Dörfchen mit Brunnen, an dem wir uns erfrischen und die Flaschen wieder auffüllen. Jürgen sagt noch, „dass Wasser hier schmeckt irgendwie anders als sonst.“ Ich winke ihm ab und erwidere lächelnd: „Hast wohl zu viel Fliegen auf dem Downhill geschluckt.“ Ab hier gilt es, auf der Straße bis nach Moena Strecke zu machen. Es fällt uns nicht schwer, denn es geht ständig bergab, die Sonne fängt durch die Wolken an zu scheinen und so vernichten wir insgesamt seit Campitello fast 350 Höhenmeter. Immer wieder fasziniert uns der Blick zurück, denn die Gipfel der Berge wo wir herkamen werden immer freier und glitzern in der Sonne.
Jürgen verhält sich etwas merkwürdig, er rutscht unruhig auf dem Sattel hin und her. „Was ist los?“ ruf ich ihm rüber und schauen ihn fragend an. „Mein Magen krampft, anscheinend doch das Wasser!“. Wir beschließen, noch bis zum nächsten Ort zu fahren, um dann eine längere Pause einzulegen. Moena ist mit circa 2.700 Einwohnern der größte Ort im Fassatal im Trentino und liegt in einem Talkessel der Dolomiten. Hier suchen wir uns ein Plätzchen, damit wir unsere Klamotten etwas trocknen und unserem Magen etwas zu arbeiten geben können. Vielleicht hilft das auch Jürgen mit seinen Bauchschmerzen. Am Ortsausgang treffen wir auf das Hotel Maria. Ein Café mit Terrasse lädt zum Verweilen ein. Wir sitzen genau an der «SS346», die zum Eingang unseres nächsten Zieles, dem Passo Lusia führt. Wir breiten unser Klamotten auf einem Geländer aus, genießen Pannini und Cappuccino und lassen uns von den Sonnenstrahlen verwöhnen. So wie es aussieht, hat Jürgen nur etwas zu Essen benötigt. So schnell seine Krämpfe und Schmerzen gekommen sind, so schnell sind sie auch wieder verschwunden. Unsere Pause verlängern wir dennoch um eine halbe Stunde, denn wir sind voll im Zeitplan und all so weit ist es ja auch nicht mehr. Es müssten noch so circa 16 Kilometer sein.
Jetzt müssen wir den zweiten Pass des Tages bewältigen: Den Passo Lusia auf 2.065 m, das heißt nochmals 850 Höhenmeter auf 7,5 Kilometer, was einer Durchschnittssteigung von ca. 11,5% entspricht. Anfangs geht es auf der vorhin beschriebenen «SS346» aufwärts, gar nicht mal so heftig und gut fahrbar. Dann biegt der Weg kurz vor einer Gondelstation nach rechts ab und es folgt ein sehr mühsamen Schotterweg. Sehr steil, teilweise sehr grob, oft müssen wir absteigen und schieben, sehr oft. In meinen Zehen fängt es auf einmal an zu kribbeln, dabei überkommt mich ein Gefühl begleitet mit Schmerzen, als würden meine Zehen brennen. Ich habe das öfter bei längeren Belastungen, doch die Ursache bleibt mir rätselhaft. Probiert habe ich schon einiges, von anderen Schuhen bis zu einer Einlage, geholfen hat nichts. Es kommt zum Glück nicht allzu oft vor, dann ist einfach etwas Kühlung angesagt und die Schmerzen verschwinden wieder. An einem Brunnen bleiben wir stehen und ich stecke meine Füße ins eiskalten Wasser. Dass es kalt war kann man deutlich an meinem Gesichtsausdruck erkennen. Die Trinkvorräte werden auch wieder aufgefüllt, mit etwas Pulver vermischt und 10 Minuten später geht die Fahrt weiter.
Der Pass zieht sich, immer wieder wechseln sich steilere Rampen mit etwas flacheren Teilstücken ab. Noch ein paar Fotos, dann ein paar Kehren und Schotterrampen und weiter geht’s Richtung Gipfel. Das Schild zeigt uns den Weg, aber benötigt haben wir es dank meines GPS-Gerätes nicht. Das ist wirklich eine tolle Sache. Es ist schon komisch, je näher der Gipfel spürbar wird, desto schneller werden die Kurbelumdrehungen und eine Art Glückgefühl überkommt einen. Die letzte Rampe und wir stehen oben, am Gipfel des Passo Lusia in einer Höhe von 2.065 Meter.
Gewitterwolken streifen die Gipfel der Dolomiten als wollen sie uns warnen, zu einem richtigen Gewitterguss mit Blitz und Donner kommt es zum Glück nie. Kurz unterhalb des Passes liegt das Ristorante Rifugio Lusia, heute Ruhetag. Hier oben zieht uns der Wind heftig um die Ohren, also schnell die Windbraker an und ab geht es hinab nach Peneveggio, unserem heutigen Etappenziel.
Es folgt ein Downhill erster Güte, immer langsam sinkend auf einem schönen Wald- und Schotterweg. Auf 9 Kilometer schlucken wir gerade mal so 600 Höhenmeter, die wirklich erstklassig zu fahren sind und jede Menge Spaß bereiten. Wenn die Nässe, der Wind und die Pfützen nicht wären, würde es noch einen Tick besser gehen, aber wir wollen mit dem zufrieden sein, was uns geboten wird. Wir verlassen die baumfreie Zone und vernichten die letzen Kilometer auf Schotter-Serpentinen in einem Wald. Der auf 1.500 bis 2.000 Meter liegende Fichtenwald des Paneveggio ist nicht nur ökologisch bedeutsam, sondern auch bei Geigenbauern für den Geigenbau besonders gut geeigneten Haselfichtenfasern bekannt und wird deshalb auch Geigenwald (Foresta dei Violini) genannt.
Da steht es vor uns, das Albergo La Bicocca. Dieses Mal konnten wir leider nicht mit Halbpension buchen – was wir total vergessen haben. Der Grund war ganz einfach, wir waren die einzigen Gäste es gab zu dieser Jahreszeit nur selten warme Küche im Wintersport-Hotel. Aber die zwei Besitzerinnen sind dennoch ganz nett und bieten uns eine italienische hausmacher Wurst- und Käseplatte an.
Zuvor beziehen wir das Zimmer, relaxen unter der warmen Dusche und machen uns fertig zum Abendbrot. Es ist eine Platte voller leckerer italienischer Schinken, Salami und Käsespezialitäten, dazu Brot und Brötchen und natürlich – einem Weizenbier! Es ist super lecker, anschließend gönnen wir uns noch einen Apfelstrudel mit Cappuccino und, wie soll es auch anders sein, der Menüabschluss wird natürlich mit einem echten italienischen Grappa gekrönt! Eine so große Auswahl an Grappas haben wir lange nicht gesehen, wir schätzen 25 verschiedene Sorten. Da fällt die Auswahl sicher nicht leicht, wenn es bei einem bleiben soll. Wir nennen unseren Alpencross nicht umsonst die Grappa-Tour.
Ein Verdauungsspaziergang ist jetzt Pflicht und wir genießen den Sonnenuntergang in den Dolomiten. In rötlich gefärbtem Licht prangen die Gipfel aus den Wolken empor, ein Naturschauspiel, welches seines gleichen sucht. Im Vordergrund ein Wildgehege, Rehe und Hirsche beim Grasen, es könnte fast ein gemaltes Bild sein, auf das wir blicken. Wir treten langsam und gemütlich den Rückweg an und freuen wir uns schon auf den kommenden Morgen.
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