Gesamte Tourdaten
468 km – ↑ 12.927 hm – ↓ 13.412 hm – 7 Tage
Tour Beschreibung
Der Fahrtwind bläst mir ins Gesicht, ich surfe auf einem brutal steilen Trail den Hang hinab. Geschwindigkeitsrausch pur. Die Kette schlägt krachend an den Hinterbau, die Federgabel arbeitet auf Hochtouren, man was für eine Abfahrt. Links rechts Kombinationen wechseln sich ab, grobe Felsbrocken zwingen mich den «Allerwertesten» über den Sattel nach hinten zu hängen, das Gewicht muss hinter, es wird zu steil, ich bin zu schnell, so ein Mist. Mein Vorderrad rutscht auf losem groben Schotter weg … Hilfe, ich kann mich nicht mehr halten! Mein Aufschrei hört die ganze Welt, wie in Zeitlupe sehe ich mich in den Abgrund fallen – Aufschlag – als ich wieder zu mir komme, sitze ich schweißgebadet in meinem Bett. So langsam realisiere ich, dass alles nur ein blöder Traum war. Ich zucke zusammen, als auch noch der doofe Wecker seinen schrillen Ton von sich gibt: 8:00 Uhr, aufstehen! Aber so richtig geschlafen habe ich sowieso nicht, denn die Aufregung auf die kommenden Tage raubte mir jeglichen Schlaf und dann noch dieser Traum…
Da wir einen guten original Grappa auf unserem ersten Alpencross kennen und lieben gelernt hatten, ist diese Route mit dem Ziel zum Monte Grappa und anschließend hinab nach Bassano del Grappa schon fast ein Muss für uns! Die Tour wurde wieder von Andreas Albrecht entdeckt und ausgearbeitet. Sie erstreckt sich vom Schliersee über das Zillertal in relativ geradliniger Form über die Dolomiten bis nach Bassano del Grappa. Der Ort liegt ungefähr 70 Kilometer Luftlinie von Venedig entfernt. Die Dolomiten sind eine Gebirgskette der südlichen Kalkalpen, werden aber auch den Südalpen zugerechnet. Die atemberaubende Schönheit der schroffen Felsen vom Rosengarten, Langkofel oder der Geislergruppegehören zu den Highlights.
Um 9:00 Uhr klingelt es an der Haustüre, dieses Jahr erwarten wir Familie Flach zum Frühstück. Meine Frau hat schon fast alles Vorbereitet: Verschiedene Antipasti zur Einstimmung auf Italien. Wir lassen es uns schmecken, erzählen über dies und das, bis es endlich los gehen kann. Dieses Mal fahren wir nicht mit dem Auto zum Startpunkt unserer Tour, nein, wir fahren mit dem Zug. Gegen 11:00 Uhr machen wir uns fertig, holen uns noch einen Abschiedskuss bei unseren Frauen ab, machen ein obligatorisches Foto, schwingen uns auf die Bikes und fahren nach Aschaffenburg zum Bahnhof: Das Alpencross Abenteuer 2007 kann starten!
Ungewöhnlich, aber pünktlich auf die Minute fährt unser Zug ein und die Fahrt kann beginnen: Von Aschaffenburg über Würzburg und Treuchtlingen nach München und weiter mit der BOB (Bayerische Oberlandbahn) direkt zum Schliersee. Es war eine runde Sache, schnell, ohne Staus und zudem noch sehr günstig: 33,00 Euro für uns beide zuzüglich 4,50 Euro pro Bike. Kein Parkplatz suchen, einfach vom Zielbahnhof direkt zu unserer vorher gebuchten Gästehaus Sigrid Schickenrieder geradelt – das nennen wir «Urlaub von Anfang an»!
Es ist erst 18:30 Uhr und unsere vom vielen Sitzen müde gewordene Glieder sollen noch ein wenig Arbeit leisten. Deshalb entschließen wir uns, eine kleine Runde um den Schliersee zu drehen – mit den Bikes natürlich. Die circa 10 Kilometer gemütliche Strecke macht Spaß und wir freuen uns tierisch auf den morgigen Beginn unserer Tour. Allerdings machen uns die immer mehr aufkommenden Wolken schon ein wenig Sorgen, aber egal, das wird schon! Kaum hatten wir die Runde fertig, treffen wir auf das «Schlierseer Wiesenfest».
Dies ist doch eine günstige Gelegenheit, uns noch einen Gute-Nacht-Drink zu genehmigen. Zuvor haben wir noch in einer nahe gelegenen Gaststätte ein leckeres Schnitzel vertilgt, anschließend unsere Räder in der Pension abgestellt und dann laufen wir zum Fest, um es uns mit einem Weizen gemütlich zu machen. Die Stimmung ist ausgelassen, Kinder freuen sich im Karussell, Jugendlich vergnügen sich im Autoskooter und die älteren Generationen trinken gemütlich ihren Schoppen. Es gibt drei kleine und ein etwas größere Festzelt, alles sehr bescheiden, aber dennoch irgendwie gemütlich. Und es kommt wie es kommen musste – es fängt zunächst erst leicht an zu regnen. Hektisches Treiben auf dem Festplatz, denn einige Biertischgarnituren stehen im Freien. Es fängt an, aus allen Wolken zu schütten. Die Zelte füllen sich mit den aufgeregten Besuchern, die nicht nass werden wollen. Jetzt sitzen wir da, in einem kleinen Festzelt, mit unserem Weizenbier in der Hand und warten, bis es hoffentlich bald aufhört. Doch den Gefallen tut «man» uns nicht, in schier unerlässlicher Weise will uns der Wettergott irgendwie ärgern. Na mach doch was «du» willst, «uns» ärgerst du damit nicht! Es ist bereits 23:00 Uhr, der Festplatz fast menschenleer, Wirtsleute machen ihre Stände sauber, ein paar angeheiterte Besucher wollen nicht wahr haben, dass das Fest vorbei ist. Und der Regen hört einfach nicht auf.
Was machen wir jetzt? Wir klauen, oder besser gesagt borgen uns eine knallrote Plastiktischdecke von unserer Biertischgarnitur, stülpen diese über unseren Kopf und machen uns auf und davon. In schnellen Schritten laufen wir die 1,5 Kilometer zu unserer Pension. Zum Glück gibt’s davon keine Fotos! Obwohl – sieht bestimmt lustig aus, so eine wandelnde rote Tischdecke mit unten rausschauenden, hektisch laufenden Füßen, verfolgt vom breiten Grinsen einheimischer Zuschauer. Wie dem auch sei, wir sind einigermaßen trocken angekommen, machen uns ab ins Bettchen und im Gedanken sind wir schon am ersten Gipfel angekommen…