Gesamte Tourdaten
468 km – ↑ 12.927 hm – ↓ 13.412 hm – 7 Tage
Etappenlänge
63 km – ↑ 2.248 hm – ↓ 2.644 hm – Fahrzeit: 6:00 Std.
Zwischenstationen
- St. Jakob Gde. Pfitsch
- Pfunderer Joch
- Pustertal
- Rodeneck
- Lüsen
- Unterkunft: Hotel Rosental
Tour Beschreibung
Der Morgen steht wieder mal unter dem Zeichen: Alles ist gut! Ein wahrhaft schöner Sonnenaufgang bietet sich unseren Augen, das Dorf St. Jakob liegt noch im tiefen Schlaf, als wir um 8:00 Uhr zum Frühstück antreten. Reichhaltig und wirklich gut gefrühstückt packen wir unsere Rücksäcke wieder und ziehen von dannen.
Heute gibt es eine Tour zum Dach unserer Alpenüberquerung: Das Pfunderer Joch mit 2.568 Meter. Das wird eine harte Nuss, die es da zu knacken gilt. Wir befinden uns auf knapp 1.350 Meter was bedeutet, dass für den ersten Teil des Tages 1.218 Höhenmeter auf circa 8 Kilometer Länge am Stück erklommen werden müssen. Es geht erst nach Fußendrass, dabei vernichten wir zunächst noch ein paar Höhenmeter. Wir rollen locker und leicht ein. Von der Hauptstraße geht es links einen Weg hinauf, der zu Anfang geteert, dann geschottert ist. So soll er auch bleiben – steil – immer steiler werdend und grober Schotter. Anfangs noch mit dem Willen alles fahren zu wollen, doch der Rucksack im Rücken, die Steine unter den Stollen und die Steilheit des Weges ziehen uns ein Strich durch die Rechnung! Es hieß absteigen und schieben. Langsam, Schritt für Schritt, der Schweiß tropft von der Stirn auf den Rahmen des Bikes, man merkt jede Muskelfaser und denkt an sein Training im Frühjahr. So etwas konnte man bei uns in der Gegend nicht trainieren. Unsere höchste Erhebung im Spessart ist gerade mal 550 Höhenmeter. Eine Tour konnte also maximal 430 Höhenmeter auf einmal steigen, da unser Dorf auf 120 Meter liegt. Müssen wir halt drei- bis viermal hochkurbeln. Ab und zu stellten sich uns ein paar Kühe in den Weg, so dick gefressen und dennoch die steilsten Berghänge hoch laufend – da fragt man sich schon, wie die das machen. Das muss wohl an den vielen saftigen Kräutern liegen, die hier auf den Wiesen wachsen.
Wir verlassen die Baumgrenze und es folgt eine kleine Hochebene. Eine erste Zwischenstation sind die kleinen, verlassen wirkenden Hütten, die sich nach einer S-Kurve auf tun. Es ist die sogenannte Großbergalm, heute leider geschlossen. Der Blick schweift auf den Horizont und lässt erahnen, dass es noch ein paar Höhenmeter sein müssen. Noch ist der Weg zum Joch nicht hundertprozentig erkennbar, doch die Vermutung liegt nahe, viele Möglichkeiten gibt’s ja nicht – links oder rechts oben – der muss es sein. Halt das GPS sagt es uns doch genauer: Es ist der linke Übergang.
Nach den Hütten wird es mit nur 12% etwas flacher und fahrbarer, aber es dauert nicht lange, dann geht es auf einmal ein kleines Stück bergab und wir stehen vor einem Flussbett ohne Brücke. Der Großbergbach stürzt sich hier von den Höhen ins Tal. Eine willkommene Abwechslung, wir machen kurz eine Fotopause. Jürgen rauscht mit seinem Bike durch das nicht allzu tiefe Flussbett. Eine Fontaine spritz, während ich im passenden Moment auf den Auslöser meines Fotoapparates drücke und die Szenerie filme. Ich stelle mich auf einen großen Felsbrocken, genieße die Aussicht hinab ins Tal und erkenne den Serpentinenweg vom Schlüsseljoch, auch noch ein Ziel in meiner Liste ungefahrener Pässe. Wir füllen unsere Flaschen mit dem leckeren frischen Quellwasser, schauen zum Gipfel und verfolgen gespannt mit unseren Augen den eingeschlagenen Weg. In weiter Ferne können wir ansatzweise den Übergang ausmachen. Ein kleiner Pfad schlängelt sich immer höher dem Gipfel entgegen, ja – da müssen wir hoch. Es ist herrlich hier, das Rauschen des Baches, das Pfeifen der Murmeltiere, die klare Luft und der wolkenlose Himmel. Und wir mitten drin. Es hilft nichts, wir müssen weiter.
Doch anstatt wie anfangs noch möglich zu biken, müssen wir immer öfter unsere Bikes schieben. Letztendlich bleibt es dabei, die letzen 2,5 Kilometer müssen die durchschnittlichen 15% Steigung geschoben werden. Der Weg ist teilweise mit groben Steinen verblockt, die Räder müssen oft angehoben und über Felsbrocken getragen werden. Der Rucksack will uns immer wieder nach unten ziehen. Ohne ihn ist es wahrscheinlich möglich, wenigstens einen Teil zu fahren aber mit ihm – für uns jedenfalls – unmöglich. Während wir den Weg weiter nach oben schieben, streifen unsere Blicke auch immer wieder zurück auf den bereits gefahrenen Abschnitt. Dieses Panorama prägt sich ins Hirn ein, unendliche Weiten, hohe Berggipfel, strahlendblauer Himmel, einfach nur geil! Weiter unten erblicken wir mehrere Biker, die das gleiche Ziel wie wir anvisieren. Das Pfunderer Joch ist bei vielen Alpencrossern sehr beliebt und wird oft mit eingeplant.
Das Trikot ist bereits mit Schweiß durchtränkt, die Socken qualmen, der Buff ist klatsch nass, so schnaufen wir immer weiter dem Gipfel entgegen. Da überholen uns doch glatt zwei Biker fahrend, aber ohne Gepäck, im kleinsten Ritzel. Respekt! Aber ehrlich gesagt, viel schneller waren die auch nicht oben und wir sind ja nicht auf der Flucht, sondern im Urlaub und haben noch viel vor auf unserem Alpencross! Es ist vollbracht, wir haben den Passübergang auf 2.568 Meter erreicht und uns überkommt ein wirklich gutes Gefühl, es wieder einmal geschafft zu haben. Wir legen unsere Fahrräder hin, atmen tief durch und genießen für einen Augenblick die Aussicht. Geröllfelder so weit das Auge reicht, sogar ein Restschneefeld unterhalb des Gipfels. Ein paar andere Biker sind schon hier oben und teilen sich mit uns dieses Gipfelglück.
Wie klein doch die Welt ist erkennen wir daran, dass wir einen bekannten Biker aus unserer Region hier oben treffen. Er und seine Begleiter machen parallel zu uns auch einen Alpencross, allerdings auf einer anderen Route wie wir. Martin lernten wir auf unserem letzten Alpencross-Vortrag kennen, er war begeistert von meinen Erzählungen und startete sein eigenes Alpenprojekt. Was für ein Zufall , dass wir uns ausgerechnet hier oben treffen, echt cool! Wir tauschen ein paar Worte, machen ein Gruppenfoto und dann geht es auch schon wieder gemeinsam abwärts. An der Weitenbergalm machen wir dann zusammen Pause, aber soweit sind wir noch nicht, denn es beginnt eine super tolle Abfahrt.
Der Downhill mit Blick auf den Hochfeiler-Gletscher ist mindestens genauso faszinierend wie der Aufstieg. Eine Abfahrt, die es wirklich in sich hat. Der erste Krater hinunter gerutscht, denn fahren kann man ihn kaum, dann auf herrlich schmalem Singletrail in verschiedenen Links/Rechts Kombinationen weiter abwärts – super! Wir können es laufen lassen, uns dem Trail hingeben, den Flow spüren. Es macht einfach nur Spaß hier hinab zu gleiten. Der Weg ist nach der Hälfte ab und zu mit so großen Steinen verblockt, dass immer öfter nur noch Schieben angesagt ist. Schade, so ein geiler Weg und dann diese Felsbrocken mitten drin. Macht nichts, wir genießen dennoch die weitere Abfahrt. Im unteren Bereich zwingen uns leider vermehrt die von den Regengüssen der letzten Wochen ausgewaschene Pfade und enge Serpentinen zum Absteigen. Laut dem Wirt der Weitenbergalm sind dies aber in erster Linie die Spuren der Biker, die sich mittlerweile scharenweise über das Joch hangeln. Das gibt uns zu denken.
Immer wieder treffen wir Martin auf den Weg nach unten, der fleißig Bilder schießt und Videos dreht, bis wir uns dann gemeinsam an der Weitenbergalm sammeln. Die Bergalm auf 1.958 Meter befindet sich in Dun am Ende des Pfunderer Tales. Es ist Mittagszeit und der Kaiserschmarren duftet so herrlich, das können wir uns nicht entgehen lassen. Für jeden bitte eine große Portion inklusive Apfelsaftschorle! Wir genießen die leckere Süßspeise und die wärmende Mittagssonne, verarbeiten im Kopf das Erlebte und lassen es uns einfach nur gut gehen. Nach dieser wohl verdienten Pause verabschieden wir uns voneinander, denn unsere Wege trennen sich hier. Wir wünschen uns gegenseitig noch weiterhin viel Spaß und eine unfallfrei Tour.
Heute steht für Jürgen und mich nochmal ein Aufstieg auf dem Plan. Zunächst rollen wir auf einer tollen Schotterstrecke, die nach circa 8 Kilometer in eine kleine, steile Passstraße mündet und weiter hinab im Geschwindigkeitsrausch bis nach Pfunders führt. Auf der kleinen Straße können wir es auf den Serpentinen so richtig laufen lassen, bis, na bis uns eine überbreite «Harley-Davidson Electra Glide» den Weg versperrt. Die tuckert doch tatsächlich zwischen 30 und 40 km/h den Berg hinab. Leider sind die Sträßchen nicht wirklich breit, sodass ein Überholen sehr schwierig wird. Immer wieder die engen Kurven und die Angst im Nacken, Fahrzeuge könnten uns entgegen kommen. Auf der Geraden bekommt die Harley etwas Abstand, in den Serpentinen fahren wir dicht auf. Dieses Spiel geht 3 bis 4 Kilometer so weiter. Irgendwie macht es Spaß und nervt gleichzeitig. Ich hänge mich an das Motorrad dran, versuche es öfter zu überholen, doch die Straßenverhältnisse lassen es nicht zu. Noch nicht. Nach einer Linkskurve kommt ein längeres gerades Gefälle, unsere Chance. Mit höchster Trittfrequenz und größtem Gang setzen wir links an und überholen den Biker. Der ist total erschrocken, hat wohl nicht damit gerechnet, dass ihm das mit zwei Fahrradfahrern passiert. Ich schaue ihn während des Überholmanövers in die Augen und erkenne nur einen starren Gesichtsausdruck. Das Gefälle ist zum Glück so groß, wir schaffen es schnell auf fast 70 km/h zu beschleunigen, viel zu schnell für den träumenden Harley Fahrer. Das Ganze habe ich über meine Lenkerkamera mit gefilmt, zu Hause haben wir uns halb totgelacht beim Ansehen des Abschnittes.
Ein Radweg führt uns dann gemütlich von Vintl bis nach Mühlbach. Es ist heiß, mittlerweile zeigt das Thermometer im Tacho etwas über 30 Grad an. Geplant ist, heute noch hoch nach Rodeneck, weiter zur Platzer Alm und zuletzt bis zur Ronerhütte auf 1.832 Meter zu fahren. Wir stehen jetzt in Mühlbach auf 775 Meter und schlucken, als der steile Anstiegt vor uns liegt. Bereits das Pfunderer Joch in den Beinen und jetzt in praller Hitze noch mal 1.057 Höhenmeter hinauf arbeiten. Also gut, Augen zu und los geht’s. Bis Rodeneck sind es 3 Kilometer mit 8,5% Steigung im Schnitt. Hier erst mal frisches Wasser an einem Bauernhof gezapft, den Kopf ins kühle Nass gehalten und danach geht es weiter nach oben.
Ich bekomme Probleme, warum weiß ich auch nicht so recht. Es fühlt sich an wie ein Hungerast, aber gegessen hatte ich doch genug. Sollte ich vielleicht nicht ausreichend getrunken haben? Das wird es sein und rächt sich jetzt. Wir machen eine kleine Pause. Ich setzte mich unter einen Schatten spendenden Baum und trinke öfters kleine Schlucke aus meiner Flasche. Die Ruhe tut gut, der Schwindel verschwindet ein wenig. Ich vernichte noch einen Müsliriegel und ein Stück Traubezucker. Keine 15 Minuten später wird es besser, ich versuche es, wir biken weiter. Es geht auf den nächsten 8 Kilometer mit einem Höhenschnitt von 9,3% weiter, anfangs mitten in praller Sonne, doch zum Glück nach der Hälfte teilweise im schattigen Wald. Ab und zu überkommt mich wieder ein leichter Schwindel, ich beiße die Zähne zusammen und lass mir nix anmerken! Nach einer mir vorkommende Ewigkeit später erreichen wir endlich den Zumis-Parkplatz in der Nähe der Platzer Alm.
Ich bin total ausgelaugt und auch Jürgen fährt am Limit. Die brutale Hitze und die sich ewig hinziehende Steigung macht mürbe und nagt an unseren Kräften. Was machen wir, sollen wir dennoch weiter hoch zur Ronerhütte, oder gibt es einen anderen Weg zum Etappenziel. Landkarte raus und erst mal inspiziert. Ziel ist ja das Dorf Lüsen unten im Tal auf circa 1.050 Meter. Wir finden den «Wanderweg Nr. 14», der direkt von hier aus nach Lüsen führt und uns die letzten 100 Höhenmeter zur Ronerhütte ersparen soll. Ein kurzer, gegenseitiger Blick in unsere Augen und jedem wird klar, der «14ner» sollte uns gehören.
Es ist ein absolut genialer Trail, teils auf Wiese, teils im Wald und wir sind froh, dieses Highlight mitgenommen zu haben. Ab und zu steht ein Wildgatter im Weg, wir wuchten die Bikes über einen Tor, denn es öffnet sich nur ein kleiner Spalt und so passen die Räder nicht durch. Weiter im Rausche der Geschwindigkeit verläuft der Trail wie auf einer Bobbahn. Er trifft kurz oberhalb von Lüsen auf die Serpentinenstraße, hier kommt von oben auch der Weg zurück, den wir laut Plan fahren wollten. Wir folgend der kurvigen Straße und rollen hinab ins Dorf.
Genau am Dorfeingang steht schon unser Hotel Rosental. Geschafft, heute sind wir fertig. Die Hitze hat uns wohl einen Streich gespielt, wir haben einfach zu wenig getrunken und zum Schluss die Quittung serviert bekommen. Ein Fehler, den wir nicht mehr machen! Aber auch wir sind ja noch im lernfähigen Alter. Bikes in die Garage, Klamotten aus und ab in den großen, heißen Whirlpool. Man, das waren heute hart erkämpfte 63 Kilometer mit 2.247 Höhenmeter – wir wollen dennoch keinen einzigen missen. Nach einer halben Stunde im Pool machen wir uns zum Essen bereit. Der obligatorische Abendspaziergang rundet den Abend ab, bis wir hundemüde ins Bett fallen. Was für ein Tag..
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