2006-Tag 5: St. Maria -> Grosio


Gesamte Tourdaten
468 km – ↑ 12.927 hm – ↓ 13.412 hm – 8 Tage


Etappenlänge
74 km – ↑ 1.500 hm – ↓ 2.180 hm – Fahrzeit: 5:17 Std.


Zwischenstationen

  • St. Maria
  • Val Mora
  • Lago Cancano
  • Arnoga
  • Passo Verva
  • Eita
  • Grosio
  • Unterkunft: Hotel Sassella

Tour Beschreibung

Es ist wieder einer der Bilderbuchtage, zwar ist leichte Bewölkung am Himmel, doch kein Regen. Man haben wir bis jetzt Glück gehabt. Ein gutes und ausgiebiges Frühstück, anschließend die Bikes fertig machen und auf in den nächsten Kampf: 850 Höhenmeter Schotterweg am Stück bis zum Döss Radond erwarten uns. Wir fahren gemeinsam mit einer 3er Bike-Gruppe los. Sie haben bis zum Gipfel das gleiche Ziel wie wir, wollen dann aber in eine andere Richtung abbiegen.

Wir schlängeln uns den steilen Schotterweg empor, steil aber meist fahrbar und mit toller Aussicht. So geht es 8 Kilometer immer aufwärts. Zwischendurch immer wieder ein Fotostopp, der kommt auch unseren Beinen zu gute. Eine trauhafte Kulisse, einsame Bergwelt, Gipfel im Sonnenschein, man wird eins mit der Natur.

Tritt für Tritt im kleinen Gang, verloren in unserer Gedankenwelt, erreichen wir den erste Pass für heute: 2.230 Meter. Wir verabschieden uns von den Mitfahreren, wünschen uns gegenseitig alles Gute und hinter der nächsten Kuppe sind sie verschwunden. Jürgen und ich genießen die menschliche Einsamkeit, Wildpferde galoppieren auf einer Wiese, Murmeltiere stoßen ihren Warnschrei aus und über uns schweift ein Adler auf der Suche nach Beute umher. Wir müssen weiter und es folgt ein Traum von herrlichen Wiesen, Trails und Forstwegen ins Val Mora. Und wieder überschreiten wir die «Grüne Grenze», dieses Mal von der Schweiz nach Italien.

Das Val Mora gehört zu den schönsten und landschaftlich unberührtesten Tälern der Alpen. Die Hochebene erreicht fast eine Länge von 30 Kilometern! Hier liegt übrigens der höchst gelegene Arvenwald Europas. Sogar auf den Bergspitzen ziert sich Jungarve an Jungarve. Durch dieses im unteren Teil völlig unbesiedelte Tal zieht sich eine schmaler Trampelpfad am Hang entlang.

Der Pfad ist größtenteils fahrbar, es gibt aber immer wieder – je nach individuellem Fahrkönnen – mehr oder weniger kurze Schiebepassagen verursacht durch Geröllabgänge. Das Val Mora ist ein herrliches Tal, das man einfach erlebt haben muss. Nach dem Passo de Fraéle folgen wir der breiten Schotterstraße zum riesigen Stausee Lago Cancano und zu den sagenumwobenen Schotter-Serpentinen Tori di Fraéle. Von zwei alten Türmen am Ende konnte vom 15. bis zum 17. Jahrhundert der Passweg bis nach Bormio hin gut kontrolliert werden. Einen Turm kann man heute noch besteigen und die tolle Aussicht der schier endlos scheinenden Serpentinen genießen.

Wir verlassen nach der dritten Kehre den Weg und es folgt eine kleine, abwechselnde Schotter- und Trailpiste immer auf gleicher Höhe entlang bis Arnoga. Bei gutem Wetter kann man einen Blick auf den Gletscher des Ortlers erhaschen, wir haben für zwei Minuten das Glück. Dieser fast 12 Kilometer lange Hochweg lässt unseren Schnitt etwas anwachsen. Aber leider verschlechtert sich das Wetter, die Sicht wird sehr beschränkt. Es beginnt zu regen, erst leicht, dann heftiger und wir stellen uns unter einen Baum, um unsere Regenklamotten anzuziehen. Ein kleiner Bach füllt unsere Flaschen auf und kaum sind wir 20 Minuten in voller Regenmontur gefahren, hört der Spuck auch schon wieder auf und die Sonne kommt wieder zum Vorschein. An einer Brücke Richtung Alp Vera ziehen wir uns wieder aus, denn zum einen wird das Wetter wieder besser, zum anderen kommt noch einmal eine sehr schwere Schotterauffahrt zum Passo Verva. Es beginnt zunächst harmlos, der Schotter ist zwar grob, trotzdem lässt er sich gut befahren. Die Steigung wird immer heftiger und zwingt uns aus dem Sattel. Zum Teil schiebend, teilweise fahrend erreichen wir durchgeschwitzt, aber wieder mal glücklich den Gipfel auf 2.300 Meter. Es ist kühl, uns fröstelt es, wir bleiben nicht lange. Nur für ein paar Fotos muss die Zeit dennoch reichen.

Dafür werden wir von einer tollen Abfahrt über Schotter bis nach Eita belohnt. Einige steile, aber mit Vorsicht fahrbare Schotterabschnitte lassen den Puls noch einmal höher schlagen. Auf der rechten Seite entdecken wir während der Abfahrt eine in Fels eingehauene Grotte. Ein Wappen mit Schriftzug aus Stahl mit dem Worten «Madonna del Lago» hängt links davon an der Felswand. Eine Kerze brennt zum Andenken an die Toten. Genau gegenüber entdecken wir eine der seltsamsten Hütten, die wir bis dato gesehen haben. Eine zwischen Felsen eingebaute Holzhütte mit Natursteinschieferdach. Da kann man sagen, vor Wind und Wetter geschützt, die haut so schnell nichts um.

Von dort aus, auf einer sehr kleinen Straße, es passt kaum ein Auto durch, vernichten wir in herrlicher Landschaft 1.000 Höhenmeter. Die Sonne strahlt auf der einen Seite die Gipfel an, die dunkelgrünen Wiesen bieten den Kühen ausreichend Nahrung. Oben in den Bergen war es zwar bewölkt, doch von Niederschlag keine Spur. In Groiso, unserem heutigen Etappenziel, fängt es auf einmal an zu regnen. Da haben wir Glück gehabt! Es war eine der geilsten Straßenabfahrten, oder sollten wir sagen Sträßchen, die wir je gefahren sind. Groiso ist typisch italienisch mit vielen alten Gebäuden, einer stark frequentierten Hauptstraße und der typischen Gelassenheit seiner Bewohner.

Es regnet, wir setzen uns dennoch auf die überdachte Terrasse unseres Hotels Sassela und schlürfen den ersten richtigen italienischen Cappuccino. Danach haben wir die Fahrräder in die hauseigene Tiefgarage abgestellt, anschließend gemütlich und heiß geduscht um gegen 19:00 Uhr zum Abendessen bereit zu stehen. Was uns hier erwartet ist ein Gourmet-Traum in Halbpension. Zuerst genießen wir im Vorraum einen Prosecco zum Aperitif, garniert mit kleinen leckeren Parmesanstückchen. Der Anfang ist schon mal gemacht, um 19:30 Uhr werden wir ins Restaurant begleitet. Für das kleine Dorf scheint dieses Restaurant ja der Renner zu sein, denn ruck zuck sind alle Plätze belegt (und nicht nur durch Hausgäste). Wenn wir schon in Italien sind, gönnen wir uns heute einen guten Topfen Rotwein, ein Liter für zwei Personen muss es schon sein. Es ist nicht der Letzte auf unserer Tour. Die Vorspeise wird serviert und der große Teller mit verschiedenen Schinken und Salamischeiben spürt den Schlag nicht. Wir werden gefragt, ob wir zum ersten Hauptgang die heutige Spezialität probieren wollen? Ja was gibt es denn? Kurze Ruhe – Risotto mit Froschschenkel!

Jürgen und ich schauen uns gegenseitig an, probiert haben wir Froschschenkel bis dato noch nie, aber wir sind für alles offen. Unsere Nachbarn, 2 Biker aus Österreich, die wir später noch besser kennen lernen durften, lehnen ab und bekommen dafür Spagetti. Es war eine so große Portion, wir haben nicht alles gepackt, war aber echt lecker. Froschschenkel schmeckt ähnlich wie zartes Hähnchenfleisch, man muss es aber nicht täglich haben! Zur Hauptspeise werden zwei zarte Kalbsschnitzel mit kleinen Kartoffel und blanchiertem Gemüse serviert, dazu ein Teller Salat und in Olivenöl gebackenes und eingelegtes Gemüse. Typisch italienisch halt, einfach nur super!

Ich bin schon wirklich satt, der Kellner will noch mal Nachschlag reichen, den wir aber alle dankend ablehnen. Zu guter Letzt wird noch eine große Schale frisch gepflückter Himbeeren und Heidelbeeren mit Zitronensorbet serviert. Wir platzen fast! Zum Glück kommt der Hausherr und schenkt uns einen hausgemachten Grappa ein, der rundete das ganze Menü ab. Was für ein Mahl, einzigartig lecker, viel und das für gerade mal 55,00 Euro Halbpension!

Es folgen nette Gespräche mit unseren Bike-Nachbarn und nach einem weiteren Verdauungsgrappa werden wir so langsam müde – es wird Zeit für unseren Schönheitsschlaf. Morgen ist der erste Tag, an dem wir keine Hotelreservierung gemacht haben! Wir sind gespannt, was sich daraus entwickelt und wo wir landen werden! Wie sagt der Kaiser Franz Beckenbauer immer: „Schau mer mal!“


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