Gesamte Tourdaten
468 km – ↑ 12.927 hm – ↓ 13.412 hm – 8 Tage
Tour Beschreibung
Erster! Ich bin wach, bevor der Wecker überhaupt die Chance hat, mich aus dem Schlaf zu klingeln. Geschlafen habe ich sowieso kaum – zu aufgeregt. Heute ist Sonntag, der 6. August 2006, genau 8:00 Uhr. Der Tag, an dem unser großes Abenteuer beginnt.
Zuerst schlendere ich, noch halb im Traum, zur Kaffeemaschine. Ein kräftiger Espresso – der kleine schwarze Treibstoff meiner Morgenrituale. Danach eine schnelle Katzenwäsche, Pflichtprogramm. Während das Wasser über mich läuft, gehen mir bereits tausend Gedanken durch den Kopf: Habe ich wirklich alles eingepackt?
Im Flur liegen noch ein paar Sachen verstreut. Mit meiner Checkliste in der Hand gehe ich alles durch – Punkt für Punkt. Ordnung muss sein, schließlich will ich in den Alpen nicht feststellen, dass ich meine Zahnbürste oder – schlimmer noch – mein Multitool vergessen habe.
Draußen schlägt die Kirchenuhr gerade zehnmal – Gottesdienstzeit. Die ersten Sonnenstrahlen kämpfen sich durch die Wolkendecke, als wollten sie mir persönlich „Gute Fahrt!“ wünschen. Mein Auto steht bereit, der Rucksack ist gepackt. Noch einmal gehe ich im Kopf alles durch: Bekleidung? Werkzeug? Accessoires?
„Ja Gerald, das passt schon, du bist es doch schon vorhin durchgegangen!“ ruft meine Frau Simone lachend vom Wohnzimmer herüber.
Ich grinse. „Alles klar“, rufe ich zurück, „es kann losgehen!“
Und doch – dieses Gefühl, etwas vergessen zu haben, lässt mich nicht los. Kennen Sie das? So eine kleine Stimme im Kopf, die fragt: Hast du wirklich alles?
Haben wir genug trainiert? Sind wir körperlich und mental bereit für den Alpencross?
Simone sieht mir die Nervosität an, sagt aber nichts – sie zwinkert nur und meint ruhig: „Ihr schafft das schon!“
Ich öffne das Garagentor – und da steht es: mein ganzer Stolz. Mein Liteville 301, blitzeblank geputzt, glänzt wie frisch aus dem Laden. Vier Monate alt, ein echtes Traumbike. Ob es sich in den Alpen bewährt? Das wird sich zeigen. Den letzten Check hat mein Freund und Vereinskamerad Peter Pfeiffer gemacht – der Mann, dem ich in Sachen Fahrräder mehr vertraue als meinem Zahnarzt.
Ein kurzer Ruck, und das Bike steht sicher auf dem Dachgepäckträger. Haltestange festgezogen, Riemen angespannt – alles sitzt. Ab geht’s die zehn Kilometer zu Jürgen nach Hofstetten. Dort wartet schon das Frühstück.
Die Flachs – also Jürgen und seine Familie – haben ein zünftiges bayrisches Frühstück vorbereitet: Weißwurst, süßer Senf, frisch gezapftes Weizen. Wir bringen die Brezeln mit, und der letzte heimische Schmaus vor unserem großen Alpencross-Abenteuer kann beginnen.
Zwei Stunden später ist es soweit: Rucksäcke im Kofferraum, Bikes verzurrt, ein letzter Kuss für unsere Frauen – so versüßt man sich den Abschied. Der Blick in den Rückspiegel zeigt zwei winkende Gestalten – und ich weiß, unsere Gedanken sind längst auf der Autobahn Richtung Süden.
13:00 Uhr. Der Verkehr ist gnädig, keine Staus – himmlisch! Doch je weiter wir fahren, desto grauer wird der Himmel. Die Sonne verabschiedet sich leise, Wolken verhüllen die Gipfel. Soll unser erstes Alpencross-Abenteuer wirklich im Regen beginnen? Ich klammere mich an die Hoffnung – sie stirbt bekanntlich zuletzt.
Fünf Stunden später: Garmisch-Partenkirchen! Wir suchen eine Unterkunft – und vor allem: einen sicheren Platz fürs Auto. Gar nicht so einfach. Parkhäuser sind zu teuer, öffentliche Parkplätze zu unsicher. „Eine Übernachtung? Kein Problem! Aber das Auto 12 Tage hier lassen? Leider nein.“ Diesen Satz hören wir an diesem Abend öfter, als uns lieb ist.
Schließlich führt uns der Zufall – wie so oft – zum Ziel: Hotel Drei Mohren, mitten im alten Ortskern. Jackpot! Zimmer frei, Auto darf die ganze Zeit stehen bleiben, Garage für die Bikes inklusive. Und das alles zu einem fairen Preis. Ich warte fast darauf, dass jemand ruft: „Aprilscherz!“ Aber nein – alles echt.
Das Wetter bleibt durchwachsen. Die Bergansätze sind sichtbar, die Gipfel aber tief in Wolken gehüllt. Wir beschließen, das Beste daraus zu machen: ein Spaziergang durch den Ort, ein Abstecher zur berühmten Skisprungschanze, ein Blick aufs bunt bemalte Sporthaus der Skilegenden Mittermeier-Neureuther. Nur die Zugspitze bleibt uns verborgen – der Nebel hat sie verschluckt.
Am Abend sitzen wir in der Hotelstube, gönnen uns unser „letztes Abendmahl“ vor dem Start: deftige Hausmannskost und ein kühles Weizenbier. Während ich das Glas hebe, denke ich: Morgen beginnt das Abenteuer – Gipfel, Täler, Schweiß und Staub – und ich bin mittendrin.
Mit einem zufriedenen Seufzer falle ich später ins Bett. Der Kopf voller Bilder, das Herz voller Vorfreude.









