2008-Anfahrt & Tourverschiebung


Gesamte Tourdaten
252 km – ↑ 9.792 hm – ↓ 10.617 hm – 5 Tage


Tour Beschreibung

„Aufstehen!“ – „Hey aufstehen!“ – „Willst du den wirklich deine Tour verschlafen?“ meine Frau kommt ans Bett und reißt mir die Bettdecke weg. „Wieso aufstehen?“ erwidere ich. „Ich bin doch schon lange wach“ flüster ich ihr zu, zwinkere mit dem rechten Auge und gebe ihr einen dicken Kuss auf die Stirn. Schlafen kann ich ein anderes Mal, denn heute geht es los: Der Alpencross 2008 – eine «Ortler-Umrundung» steht an. Auch dieses Jahr wieder mit meinem Freund Jürgen. Ich hüpfe aus dem Bett, gehe ins Badezimmer und mache mich frisch. Der Rucksack ist schon gepackt, das hab ich gestern Abend alles bereits erledigt. Wie jedes Jahr verabschieden wir uns von unseren Familien mit einem ausgiebigen Frühstück. Dieses Jahr sind wir wieder bei Flachs. Gegen 11:00 Uhr machen wir uns fertig und fahren, diesmal mit dem Auto, Richtung Italien. Wir wollten eigentlich wieder mit der Bahn fahren, doch die Zugverbindungen nach Mals, unserem Start- und Zielpunkt, sind katastrophal. Teilweise hätten wir 2 Stunden mit dem Bus fahren müssen und ob der unsere Bikes auch mitgenommen hätte ist fraglich.

Kaum überschreiten wir dir Grenze zu Österreich, fängt es auch schon an zu regnen. Das sieht insgesamt nicht sehr gut aus, was sich da zusammenbraut, überall tief hängende dunkle Wolken, aber wie heißt es so schön: die Hoffnung stirbt zuletzt! Am Reschensee machen wir eine kurze Pause, genießen ein wenig den Flair der Berge, die reine Luft und leider auch den Nieselregen. Für ein paar Bilder habe ich natürlich auch noch Zeit.

18:00 Uhr treffen wir in Mals ein, einem kleinen verschlafen Ort unterhalb des Reschensee . Dank Navigationsgerät finden wir schnell unser Hotel, stellen das Auto auf den hauseigenen Parkplatz, melden uns an der Rezeption und beziehen unser Zimmer. Durch einen erwartungsvollen Blick vom Balkon ins weite Land wird unsere Stimmung nicht gerade positiv angehaucht. Der Nebel hängt tief im Tal und es ist kein Aufreißen einer Wolkendecke in Sicht, der Regen will nicht aufhören. Huch, die Räder sind ja auch noch auf dem Dachgepäckträger und werden nass. „Was heißt hier werden, die sind es schon lange“, bemerkt Jürgen mit einem verschwitzen Lächeln im Gesicht. „Wo wollen wir die Räder hin tun?“ Schaut er mich fragend an. „Ganz einfach, komm mit!“ geb ich zum Besten und wir holen die Räder ins Zimmer und stellen sie kurzer Hand auf unseren überdachten Balkon.

Wir bekommen Hunger, also nix wie runter in die gute Wirtsstube, um uns das Abendessen schmecken zu lassen. Auch das Weizenbier von dieser Gegend ist nicht schlecht. Nach diesem ausgiebigen Abendmahl müssen wir zur Verdauung wieder einen kleinen Spaziergang machen. Leider ist der nicht von großer Dauer, denn der Regen lässt einfach nicht nach, die dunklen Wolken schauen sehr bedrohlich aus. Dazu dann später noch Blitz und Donner, hoffentlich ist das bis morgen verschwunden! Die Nacht verläuft für Jürgen und mich sehr unruhig, zum einen die Freude auf das Kommende, zum anderen blitzt und donnert es gewaltig!

 

Die Tour wird verschoben

Der erste Blick am Morgen geht natürlich sofort aus dem Fenster. Große Enttäuschung, viel schlimmer wie am Vorabend! Wir schauen uns gegenseitig mit verdutztem Gesicht an. Was machen wir jetzt? Heute steht das Madritschjoch auf dem Programm, ein Berg mit 3.150 Meter und das bei dem Wetter? Da oben schneit es vermutlich, den warm ist es hier im Tal auf 1.000 Meter nicht gerade. Wir schätzen mal so 8 Grad. Über mein Handy suche ich den Wetterbericht der Region Obervinschgau und finde die Vorhersage für morgen. Regen und Schneefall bis unter die 3.000 Metermarke. Aber ich erblicke einen Hoffnungsschimmer: Vorhersage für einen Tag später – Sonnenschein – na super!

Nach kurzem hin und her, nach Abwägen aller Möglichkeiten halten wir es für das Beste, die ganze Tour um einen Tag zu verschieben. Gesagt, getan. Wir rufen alle vorgebuchten Hotels/Pensionen an und kündigen unser Kommen um einen Tag später an! Alles ganz ohne Probleme, super, wenigstens das hat geklappt! Das ist der Vorteil, wenn man etwas mehr Urlaub einplant und dann auf der Tour reagieren kann. Der Tag läuft dann sehr ruhig ab, bis auf eine Ausnahme, dazu am Ende dieses Kapitels mehr! Wir fahren mit dem Auto hoch nach Sulden zu Seilbahnstation am Madritschjoch und notieren uns die Fahrzeiten der Gondel. Denn morgen kommen wir mit den Bikes hier vorbei und wollen dann die Auffahrt mit der Gondelbahn genießen. Auch hier regnet es, wir kommen über eine Brücke an einem rauschendem Fluss vorbei. Er ist schön anzuschauen, wie der Nebel den Horizont bedeckt und sie die Fluten ins Tal stürzen.

Wir haben viel Zeit und besuchen das Messner Mountain Museum Ortles. In diesem Museum erzählt Reinhold Messner von den Schrecken des Eises und der Finsternis, von Schneemenschen und Schneelöwen, vom White Out und dem dritten Pol. Der Ortler steht symbolisch im Zentrum der Ausstellung. Der Standort – der Bauernhof mit den Yaks, der Ortler als höchster Gipfel Südtirols unmittelbar darüber, das Gletschereis zum Greifen nah – ist ideal. Nur eines ist halt dumm: Das Museum hat zu! Wenn wir schon mal in der Nähe sind, denn fahren wir rauf auf den höchsten Gebirgspass in Italien und der zweithöchste asphaltierte Gebirgsstraße der Alpen. Das Stilfser Joch (ital. Passo dello Stelvio) auf 2.757 Meter.

Die fast unzähligen Kehren hoch, nein es sind genau 48 aufs Joch, machen auch mit dem Auto Spaß. Man sind wir froh, heute nicht biken zu müssen, sau kalt, stürmisch und oben gerade mal 2 Grad. Dazu kaum Sicht aufgrund einer dicken Nebelwand! Aber wenn alles klappt, dann kommen wir hier mit dem Bike am letzen Tag nochmal vorbei. Ein paar Bilder mache ich natürlich noch, dann zieht es uns auch schon wieder zurück nach Mals.

Gegen 14:00 Uhr scheint der Wettergott Pause zu machen, denn es lockerte ein wenig auf. Jürgen und ich schauen uns an, sind uns ohne viel Worte einig: Rauf auf die Räder und eine kleine Runde drehen. Aus der kleine Spritztour werden circa 30 Kilometer, als wir in Gluns, ein Vorort von Mals wieder in ein heftiges Gewitter geraten. Wir kommen am Dorfplatz vorbei und stellen uns, wie viele andere auch, unter einem riesigen Kastanienbaum. Unterstellen und warten, das wird uns zu langweilig. Etwas weiter erblicke ich ein Café, dort gönnen wir uns den ersten leckeren Cappuccino. Nach dem Dritten blitzt die Sonne aus den Wolken, es hört auf zu regnen und wir kommen noch trocken im Hotel an. Sollte es morgen nicht besser werden, was dann?

Gegen 17:30 Uhr stehen Jürgen und ich auf dem Balkon und genießen die Aussicht. Der aufsteigende Nebel aus dem Tal und die durchblitzenden Sonnenstrahlen ergeben ein tolles Bild, also schnell ein paar Fotos von diesem Naturschauspiel machen. Ich habe dieses Jahr zum ersten mal meine Spiegelreflex zu Hause gelassen und mir eine kleine Panasonic TZ5 zugelegt. Sie vereint fast alle Eigenschaften, die ich mir an einer guten Reisekamera vorstelle. Ich gebe sie Jürgen und er macht auch ein paar Bilder von mir. Dann passiert das schier unglaubliche: Bei Übergabe der Kamera lass ich doch tatsächlich irgendwie und nicht nachvollziehbar diese fallen!

Mit offen Augen und pochendem Herz stehen wir wie angewurzelt da. Mit zittrigen Händen hebe ich sie auf, dummer Weise ist sie genau auf die ausgefahrene Linse gefallen: Totalausfall! Auch ein Reparaturversuch scheitert. Wer mich und meine Affinität zur Technik kennt, weiß, dass ich unmöglich einen Alpencross ohne Foto machen würde. Dann gäbe es keine bleibende Erinnerung, kein Film, kein Vortrag nach der Tour, nein ausgeschlossen! Jetzt ist guter Rat teuer. Schnell anziehen, Landkarte raus und schauen, welche größere Stadt sich in der Nähe befindet, die es mir ermöglicht noch einen anständigen Foto zu kaufen. Am besten denselben, dann passen auch Speicherkarten und Akkus!

Der passende Ort ist gefunden! Die Bundesstraße «SS38» führt auf knapp 60 Kilometer nach Meran (auch ital. Merano). Zwischendurch immer wieder kleinere Ortschaften, vielleicht haben wir Glück und finden auf der Strecke einen Elektronikhändler. Wir machen uns mit dem Auto auf dem Weg, klappern jeden Händler den wir finden ab, doch eine angemessene Kamera war nirgends zu bekommen. Endlich in Meran angekommen, suchen wir vergebens einen Parkplatz, ganz schön groß, das Städtchen. An einem Taxistand erfragen wir nach einem größeren Foto oder Elektrohändler. Ja, es existiert einer, circa einen Kilometer von hier, aber wir sollen uns beeilen, denn in 10 Minuten machen hier die Geschäfte zu. Schock!

Jürgen, setzt dich auf den Fahrersitz und versucht hier irgendwo zu parken, notfalls musst du im Autos sitzen bleiben und auf mich warten.“ Gesagt, getan! Ich renne los, der Hauptstraße folgend und dem Ziel entgegen. Drei Minuten vor 19:00 Uhr erreiche ich die Eingangstür, drücke und ja, noch offen. Der Händler hat zwar nicht das gleiche Model, nur eine Nummer kleiner mit weniger Zoom, dafür größerem Weitwinkel. Gekauft, die Kamera ist mir und ich bin 250,- Euro ärmer! Selbst dran schuld! Ich trete den Rückweg an, aber dieses Mal etwas gemütlicher, denn ich stehe ja nicht mehr unter Zeitdruck. Jürgen verweilt immer noch am Taxistand, anscheinend war das auf die Schnelle die einfachste Lösung. Alles wird gut! Die Fahrt zurück ins Hotel verläuft ohne weitere Zwischenfälle.

Zum Abendessen wollten wir nicht noch einmal irgend wo hin laufen und wir beschließen deshalb im Hotel zu bleiben. Gemeinsam genießen wir wiederholt das lecker Essen und gönnen uns zum Weizenbier noch einen Hausschnaps – den haben wir uns heute auch wirklich verdient. Was für ein Tourstart, hoffentlich klappt es morgen wenigstens mit dem Wetter! Ein Blick vom Balkon lässt zumindest erahnen, dass die Wolkendecke aufreisen könnte. Es folgt eine Nacht voller schrecklicher (Alb)Träume!



 

Übersicht 1. Tag


 

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